Rauchen im Rathaus

am 10. Februar 2003

Seit Oktober 2002 müssen Nichtraucher besser geschützt werden. Das gilt auch für Mitarbeiter und Besucher von Ämtern. Doch kaum jemand hält sich daran.

„Appelle an die Vernunft bringen nichts“

Gespräch mit Johannes Spatz über Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz in der Berliner Zeitung vom 10.02.2003

Seit dem 3. Oktober 2002 müssen Arbeitgeber ihre nicht rauchenden Beschäftigten vor dem Passivrauchen und dessen Folgen schützen. Tatsächlich tun das jedoch nur wenige, kritisiert Johannes Spatz, Sprecher der Initiative „Forum Rauchfrei in Berlin“.

Herr Spatz, warum sitzen noch immer so viele Nichtraucher in Raucherzimmern?

Aus zweierlei Gründen: Zum einen, weil die Verordnung zu wenig bekannt ist. Zum anderen wird noch immer auf die Toleranz des Nichtrauchers gesetzt: Er soll dulden, dass andere in seiner Nähe rauchen. Tut er das nicht, steht er als Miesepeter da.

Wer ist denn an diesem Zustand schuld? Die Raucher oder die Nichtraucher?

Letztlich die Arbeitgeber. Die müssen die Verordnung umsetzen. Nichtraucher und Raucher dürfen demnach nicht mehr in einem Arbeitszimmer sitzen. Sie müssten voneinander getrennt werden – selbst wenn es dem Nichtraucher egal ist, wo er sitzt. Aber auch wer tolerant ist, wird zum Passivrauchen gezwungen.

Kann man Rauchern nicht nahe legen, nur außerhalb des Zimmers zu rauchen?

Solche Appelle an die Vernunft bringen nichts. Wir haben das ausprobiert. Das größte Problem ist, dass es sich ja um Kollegen handelt – und die sind Teil einer Hierarchie. Besonders schwierig ist es, wenn der Chef raucht. Außerdem argumentieren Raucher gern mit der Moral: Wer sie rausschickt, wird als Spielverderber und Genussfeind dargestellt.

Haben es Nichtraucher leichter, deren Chefs nicht rauchen?

Auf jeden Fall. Dort geht der Nichtraucherschutz eher in die Hausordnung ein. Aber auch das ist nicht die Regel. Raucher werden viel zu oft toleriert.

Viele Bezirksämter lehnen Nichtraucherschutz mit dem Argument ab, dass sich Raucher immer widersetzen werden. Was meinen Sie dazu?

Ich halte das für vorgeschoben. An die Straßenverkehrsordnung halten sich auch nicht alle, und trotzdem gilt sie. Das Problem bei Verstößen gegen die Verordnung ist, dass man keine Bußgelder kassieren kann. Aber es gibt Beispiele, dass in Betrieben ein Rauchverbot durchgesetzt werden kann.

Was kann jemand tun, der sich durch rauchende Kollegen belästigt fühlt?

Wenn der Chef nichts tut, zum Betriebsrat gehen oder sich an die Gesundheitsverwaltung des Senats wenden.

Vom Rauchen hält man mit all diesen Verboten aber niemanden ab.

Das stimmt nicht. Es gibt Untersuchungen in England, wonach der Zigarettenkonsum um drei bis sieben Prozent zurückgeht, wenn im Betrieb nicht geraucht werden darf. Angesichts der Tatsache, dass Tabakkonsum und Krebserkrankungen in einem linearen Verhältnis stehen, ist das schon erheblich.

Wie verhalten Sie sich, wenn Kollegen rauchen?

Ich spreche sie an, und zwar freundlich. Wenn das nicht hilft, werde ich deutlicher. Schwieriger ist es in Restaurants. Dort ist man als Nichtraucher ausgesperrt, wenn man das nicht ertragen will. Eigentlich ist das ungerecht. Schließlich rauchen zwei von drei Deutschen nicht.

Das Gespräch führte Claudia Fuchs. BLZ/CLAUDIA FUCHS Johannes Spatz, Forum Rauchfrei in Berlin

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