Starker Tabak

am 13. Juli 2005

Das Forum reagiert mit Unverständnis auf ein aktuelles Nichtraucherschutzurteil des LAG Berlin:

Nach einer aktuell veröffentlichten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin (6 Sa 2585/04) hat ein Arbeitnehmer auch nach der neuen Nichtraucherschutzregelung der Arbeitsstättenverordnung keinen Anspruch darauf, dass sein Arbeitsplatz auch außerhalb seiner Dienstzeit rauchfrei gehalten werden muss, da es bei Zuwiderhandlung allenfalls zu einer Geruchsbelästigung kommt. Geklagt hatte ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, weil er im kalten Tabakrauch der rauchenden Kollegen der vorausgegangenen Schicht eine grundsätzliche Gesundheitsgefährdung sah. Hätte der Kläger eine besondere gesundheitliche Disposition geltend gemacht, so das Gericht in der Urteilsbegründung, wäre eine andere Entscheidung denkbar gewesen.

Dies ist „starker Tabak“, meint Jörn Reimann, Arbeitswissenschaftler und Sprecher des Forum Rauchfrei. Das Urteil ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse und definiert Passivrauch neu.

Die Aufnahme und Abgabe von Tabakrauchbestandteilen an Oberflächen von Innenräumen sind seit langem bekannt, beispielsweise von Feinstaub, Formaldehyd und Nikotin. Dabei ist die Konzentration der Tabakrauchstoffe im Material und die Zeit ihrer möglichen Abgabe abhängig von der vorausgegangenen Tabakrauchkonzentration, aber auch von den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Materials und den Wechselwirkungen untereinander. Neu wäre es allerdings, wenn die Schadstoffe bei dem erneuten Übergang in die Raumluft ihr gesundheitliches Risikopotential verlieren würden, was der Gerichtsentscheidung zu unterstellen wäre, wenn sie schlüssig sein sollte.

Auch wird Passivrauch in keinem Gesetz oder in einer anderen normativen Vorgabe auf die Zeit des Verbrennungsprozesses eines Tabakproduktes eingeschränkt. Und schließlich bedarf es zum Schutz vor Passivrauch keiner gesundheitlichen Vorschädigung, wie es das Bundesverwaltungsgericht in seinem richtungweisenden Grundsatzurteil 2 C 53.86 schon vor fast zwanzig Jahren ausführt.

Vor diesen Hintergründen erscheint es nur folgerichtig, dass der Kläger, der zwischenzeitlich auch vom Forum Rauchfrei unterstützt wird, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingereicht hat.

 

Weitere Informationen bei: Dr. Jörn Reimann;  Tel.: (030) 72 119 08;  E-Mail: post@forum-rauchfrei.de

 

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