Zu dem im Nichtraucher-Info Nr. 60-IV/05 erschienenen Beitrag „Präsidentin der Deutschen Krebshilfe legt Mitgliedschaft in Körber-Stiftung nieder“ und im nachfolgendem Kommentar erklärt Johannes Spatz:
Erwiderung zu dem Beitrag „Präsidentin der Deutschen Krebshilfe legt Mitgliedschaft in Körber-Stiftung nieder“ in dem Info-Blatt Nr.: 60-IV/05 der Nichtraucher-Initiative Deutschland (NID) e.V.
E.-G. Krause, Vizepräsident des NID, kritisiert in diesem Beitrag die öffentliche Aufforderung an Dagmar Schipanski, ihr Amt niederzulegen. Er meint, es wäre notwendig gewesen, sie zunächst „intern“ zu der Vereinbarkeit beider Ämter zu befragen. Zur Erinnerung: Die Körber-Stiftung ist Alleineigentümer der Körber AG, die wiederum zu 44 Prozent des Umsatzes ihrer Tabaksparte zu verdanken hat. Die Körber AG bezeichnet ihre Firma Hauni als „die Nummer eins als Partner der Tabakindustrie“. Hauni produziert in aller Welt Maschinen zur Herstellung von Zigaretten. Frau Schipanski hatte zunächst der Tageszeitung (taz) gegenüber keinen Interessenkonflikt gesehen und trat erst nach einer ausführlichen Berichterstattung im Tagesspiegel zurück.
Krause kritisiert die Doppelrolle von Dagmar Schipanski mit keinem Wort, sondern zeigt im Gegenteil sogar Verständnis. Er verteidigt Schipanski mit der Mutmaßung, es wäre doch durchaus möglich, dass sie keine Ahnung gehabt habe, von wem die Körber-Stiftung ihr Geld bekomme. Zum einen ist dies bei Dagmar Schipanski nicht vorstellbar. Und zum anderen sollte uns Ahnungslosigkeit von Politikern nicht davon abhalten, sie massiv zu kritisieren, wenn sie sich in den Dienst der Tabakindustrie stellen.
Ein zentraler Bestandteil der Strategie der Tabakindustrie ist, Politiker auf ihre Seite zu ziehen. Sie nennen diese Strategie den „Dritten Weg“. Der „Dritte Weg“ in der Bundesrepublik wird von der Tabakindustrie als sehr erfolgreich angesehen. Dagegen werden die Verhältnisse in den USA beklagt, denn dort sei erfolgsversprechende Kontaktpflege mit Politik unmöglich.
Die eklatanten Defizite der Tabakregulierung in der Bundesrepublik lassen sich nur mit dem „Dritten Weg“ erklären. Daher muss es unsere Pflicht sein, diese Strategie der Tabakkonzerne aufzudecken und an konkreten Beispielen sichtbar zu machen. So ist es dringend notwendig, gegen die Vergabe des Forschungspreises von Philip Morris und Veranstaltungen der Tabakindustrie zu demonstrieren, die dazu dienen sollen, das Image der Tabakbranche aufzuwerten. Ebenso müssen wir „prekäre Doppelrollen“, wie die von Schipanski in aller Öffentlichkeit kritisieren und die Entgegennahme von Geldern der Tabakkonzerne – zum Beispiel durch die Bundesdrogenbeauftragte – kritisieren. Wir müssen Barrikaden errichten, um den Dritten Weg zu blockieren.
Die Anti-Tabak-Bewegung sollte gerade nicht eine Geheimdiplomatie verfolgen, wie sie von Krause empfohlen wird, sondern stattdessen Fehlverhalten, wie es bei Schipanski zu entdecken war, öffentlich anklagen. Es ist Ausdruck demokratischer Streitkultur, dass solche prekären Doppelrollen – hier Krebs bekämpfen und dort Krebs fördern – nicht im Hinterzimmer, sondern in aller Öffentlichkeit besprochen werden. Den Politikern muss bewusst gemacht werden, dass wir Dienstleistungen für die Tabakkonzerne wie die von Schipanski auch in Zukunft nicht als Kavaliersdelikte behandeln. Die vom Ausland aus immer wieder beklagte relative Wirkungslosigkeit der Anti-Tabak-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland ist auch auf unsere bisherige Zurückhaltung der Tabakindustrie und ihren Helfern gegenüber zurückzuführen.
Johannes Spatz
Sprecher vom Forum Rauchfrei