Das Forum Rauchfrei protestiert gegen die Versuche der Tabakkonzerne, die bereits überfällige Umsetzung der EU-Richtlinie zum Tabakwerbeverbot zu verhindern. Es ist eine Blamage, dass Deutschland die EU-Richtlinie, die seit 1. August europaweit in Kraft getreten ist, nicht umsetzt, so der Sprecher des Forum Rauchfrei, Johannes Spatz. Die Bundesrepublik ist damit wieder einmal in der Tabakkontrollpolitik innerhalb der EU Schlusslicht. Bei der EU-Richtlinie geht es um ein Verbot grenzüberschreitender Tabakwerbung, das in den meisten EU-Mitgliedsländern bereits umgesetzt worden ist (z.B. Frankreich, Norwegen, England, Italien; nur noch Spanien zögert bei der Umsetzung). Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht das Verbot der Tabakwerbung in Zeitschriften und Zeitungen. Das ebenfalls in der EU-Richtlinie vorgegebene Verbot für Werbung in Rundfunk und Fernsehen ist kein Thema, da es seit Jahren in der Bundesrepublik gilt.
Der „Verband der Cigarettenindustrie“ hat für heute insbesondere Bundestagsmitglieder zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Freiräume der Kommunikation“ eingeladen, um über die Umsetzung der EU-Tabakwerberichtlinie zu diskutieren. Johannes Spatz begrüßt die Absage der im Programm der Veranstaltung vorgesehenen Rede über „Öffentliche Gesundheitspolitik und Werbeeinschränkungen“ der Bundesdrogenbeauftragten Marion Caspers-Merk. Ebenso positiv ist zu bewerten, dass auch ein Vertreter des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen abgelehnt hat, auf dieser PR-Veranstaltung der Tabakindustrie zu sprechen.
Wie erfolgreich die Lobbyarbeit der Tabakindustrie ist, zeigt die Meldung der Zeitung Die Welt vom 1. November. Dort wird berichtet, dass sich der zukünftige Verbraucherschutzminister Horst Seehofer und die bisherige und zukünftige Justizministerin Brigitte Zypries einig sind, dass sie das Gesetz zur Umsetzung der EU-Tabakwerberichtlinie nicht weiterverfolgen wollen, das vom Kabinett Mitte Mai auf den Weg gebracht und von der CDU-Mehrheit im Bundesrat gestoppt worden war.
Das Forum Rauchfrei fordert über die EU-Richtlinie hinaus ein umfassendes Verbot für Tabakwerbung, das auch die Plakatwerbung und die Kinowerbung ohne zeitliche Einschränkung umfasst. Ein umfassendes Tabakwerbeverbot würde nach Aussagen der Weltbank den Tabakkonsum um 7 Prozent reduzieren. Bei Jugendlichen ist die Tabakwerbung noch wirksamer als bei Erwachsenen, so dass bei ihnen der Konsum bei umfassendem Werbeverbot um mehr als 13 Prozent zurückgehen würde (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg). Spatz fordert, dass der Gesundheitsschutz von Kindern und Jugendlichen Vorrang haben muss und deshalb Tabakwerbung zu verbieten ist.
Die EU-Richtlinie hätte bereits am 1. August dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt sein müssen. Daher fordert Spatz von der zukünftigen Bundesregierung umgehend der Verpflichtung nachzukommen. Von der sofortigen Umsetzung entbindet auch nicht die seit zwei Jahren gegen die Richtlinie anhängige Klage Deutschlands beim Europäischen Gerichtshof. Ein Urteil wird erst im Frühjahr 2006 erwartete.