Ärzte Zeitung auf Seiten der Tabakindustrie

am 1. November 2016

In ihrer online-Ausgabe brachte die Ärzte Zeitung heute unter der Überschrift „Ist ein totales Tabakwerbeverbot die richtige Lösung?“ einen Artikel, in dem einer der Redakteure der Zeitschrift ganz offensichtlich Partei für die Tabakindustrie ergreift. Der Artikel veranlasste das Forum Rauchfrei dazu, mit einem Leserbrief zu reagieren, den wir an dieser Stelle abdrucken. Den Artikel der Ärzte Zeitung, die den Brief inzwischen als Kommentar zu dem Artikel veröffentlicht hat, finden Sie unter unserem Leserbrief:

Leserbrief zu Ihrem Artikel „Ist ein totales Tabakwerbeverbot die richtige Lösung?“

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Entsetzen haben wir den Artikel „Ist ein totales Tabakwerbeverbot die richtige Lösung?“ gelesen, den die Ärzte Zeitung am 1. November 2016  in ihrer online-Ausgabe veröffentlichte. Der Artikel stellt in unseren Augen sowohl eine Verharmlosung des Tabakkonsums als auch eine Verteidigung der Interessen der Tabakwirtschaft dar, wie wir sie uns in der Ärzte Zeitung bisher nicht vorstellen konnten. Wir möchten auf einige Punkte des Artikels hier näher eingehen.

Der Artikel zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er Dinge bewusst verschweigt. Und zwar zunächst einmal die Zahl der Todesopfer, die das Rauchen in Deutschland jährlich fordert: 121.000. Dass Rauchen tötet, ist dem Autor keine Zeile wert, dafür lobt er die Tabakindustrie dafür, dass sie dem Staat Milliardensummen an Steuereinnahmen bringt. Wobei er hierbei wiederum verschweigt, mit welch hohen Folgekosten das Rauchen die Wirtschaft und das Gesundheitssystem belastet.

Was der Autor ebenfalls verschweigt, ist die Tatsache, dass der Bundestag – ganz unabhängig von den jetzigen Forderungen des DKFZ – bereits 2004 das Gesetz zu dem Tabakrahmenübereinkommen verabschiedet hat. Dieses verpflichtet Deutschland zur Einführung eines umfassenden Verbots „aller Formen der Tabakwerbung, der Verkaufsförderung und des Tabaksponsoring“. Dieses Verbot hätte laut Gesetz bis spätestens 2010 umgesetzt werden müssen. Die Frage des Autors, ob ein Werbeverbot für Tabakprodukte die richtige Lösung ist, ist sinnlos und lenkt von der gesetzlichen Verpflichtung ab. Die Entscheidung des Bundestages immer wieder in Zweifel zu ziehen, ist eine Taktik der Tabakindustrie, die sich der Autor hier zu Eigen macht, und zwar selbst bis hin in seine Formulierungen.

So spricht er ganz im Duktus der Industrie schon in der Überschrift von einem „totalen Tabakwerbeverbot“. Er spricht von „Premiummarken“ sowie den berechtigten Interessen der Tabakindustrie, und davon, dass das Durchsetzen dieser Interessen vor Gericht das Funktionieren des Rechtsstaates beweise. Was natürlich nicht stimmt, auch wenn Philip Morris vor Gericht unterlegen wäre, wäre der Rechtsstaat keineswegs in Gefahr. Er zitiert aus der Selbstverpflichtung der Industrie, ohne diese kritisch zu hinterfragen.

Dabei pflegt der Autor einen fast scherzhaften Ton. „Junge, du sollst nicht rauchen“ steht als Motto über dem Artikel, im Artikel selbst benutzt der Autor Worte wie „Kippenkampagne“ oder „Fluppenwerbung“.  Das DKFZ „garniert“ seine Forderungen nach Werbeverboten, ein Ausdruck, mit dem das DKFZ bewusst diskreditiert wird.

Dies alles lässt nur den Schluss zu, dass der Autor hier ganz bewusst versucht, die Interessen der Tabakindustrie wahrzunehmen und Stimmung gegen ein Werbeverbot für Tabakprodukte zu machen, das längst überfällig ist, zu dessen Einführung sich Deutschland verpflichtet hat und das in der Bevölkerung breite Zustimmung findet.

Gesundheitliche Interessen stehen über wirtschaftlichen Interessen. Wir waren bisher immer davon ausgegangen,  dass die Ärzte Zeitung diese Meinung teilt. Warum sie dann einem Redakteur, der offensiv die Interessen der Tabakwirtschaft wahrnimmt, Gelegenheit gibt, diese Interessen in der Ärzte Zeitung zu verteidigen, stößt bei uns auf absolutes Unverständnis.


Mit freundlichen Grüßen

Johannes Spatz   Dieter Eichinger

Artikel in der Ärzte Zeitung online vom 01.11.2016

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