Zigarettenautomaten: Behörden dulden Gesetzesverstöße aus Angst vor Forderungen der Wirtschaft nach Schadensersatz

am 16. November 2017

Die Aufsteller der rund 330.000 Zigarettenautomaten in Deutschland halten es für praktisch unmöglich, die Automaten so nachzurüsten, dass sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dies geht aus einem Schreiben des Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) vom Mai dieses Jahres hervor, das dem Forum Rauchfrei nach Antrag auf Akteneinsicht zugänglich gemacht wurde.

Seit Mai 2016 müssen die Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen vor dem Kauf sichtbar sein. Um diese gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, müssten Zigarettenautomaten „gänzlich transparent“ sein und die Schachteln müssten „sich im Innern drehen lassen“, schreibt der BDTA. Dies sei „ersichtlich fernliegend“. Zurzeit behilft sich die Industrie damit, außen auf den Automaten Aufkleber anzubringen. Der Warnhinweis auf den Aufklebern ist so groß wie der auf einer Zigarettenschachtel, ein Markenname ist nicht aufgedruckt. Dies wird von den Behörden als sogenannte Zwischenlösung geduldet, obwohl der Gesetzesverstoß weiter besteht.

Äußerst problematisch sei aus Sicht der Industrie, dass der Gesetzgeber bei der notwendigen Umsetzung der Europäischen Tabakproduktrichtlinie in deutsches Recht die Gesamtkosten für die Wirtschaft mit einmalig 67 Millionen Euro angegeben hatte. Dazu kämen jährliche Folgekosten von ca. 14 Millionen. Die Kosten für eine Umrüstung der Automaten waren nicht einbezogen worden. Müssten die Automatenaufsteller ihre Zigarettenautomaten tatsächlich abbauen, würde dieser Betrag bei weitem nicht ausreichen. „Da geht es um einen Schaden, der die Milliardengrenze überschreiten würde“, sagte der Sprecher des Deutschen Zigarettenverbands (DZV) Jan Mücke in einem Artikel der Tageszeitung taz vom 19. Mai 2017.

In der in dem Schreiben des BDTA ausgesprochenen Drohung, die Überwachungsbehörden der Bundesländer für Verluste haftbar zu machen, sieht Johannes Spatz, Sprecher des bundesweit tätigen Forum Rauchfrei, den Grund dafür, dass die Ordnungsämter keine Automaten stilllegen. Dabei sei die Rechtslage eindeutig, so Spatz: „Laut Gesetz müssen die Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln vor dem Kauf sichtbar sein. Dies war bei keinem der rund 100 von uns bisher angezeigten Automaten der Fall.“ Dennoch sei kein einziges Ordnungsamt bisher gegen einen Automatenaufsteller vorgegangen.

Sie befürchten offensichtlich, in Haftung genommen zu werden. Johannes Spatz sieht daher den Bundestag in der Pflicht. „Es gibt keinen Zigarettenautomaten, der die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, die Aufsteller geben das ganz offen zu. Der Gesetzgeber muss hier ein eindeutiges Verbot der Automaten aussprechen“, sagt er. Andernfalls toleriere der Staat einen rechtsfreien Zustand, dessen Ende nicht absehbar sei.

Der Brief des BDTA ist über das Forum Rauchfrei einsehbar.

Presseerklärung

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