Studien zur Wirkung des von Philip Morris auf den Markt gebrachten Tabakerhitzers Iqos gibt es bisher nur von der Herstellerfirma selbst. Kein Wunder also, dass diese Studien dem Produkt bescheinigen, dass der Benutzer damit im Vergleich zum Rauchen herkömmlicher Zigaretten weniger Schadstoffe aufnehme. Die Nachrichtenagentur Reuters äußert nun erhebliche Zweifel an der Qualität der von dem Tabakkonzern finanzierten Studien.
In einem heute veröffentlichten ausführlichen Bericht (hier zu finden) geht Reuters detailreich auf die Mängel der Studien ein. Wir veröffentlichen hier eine kurze Zusammenfassung in deutscher Sprache.
Die Firma Philip Morris plant, ihren Tabakerhitzer Iqos, ein Produkt, das inzwischen in ca. 20 Ländern, darunter auch in Deutschland, erhältlich ist, auf dem amerikanischen Markt einzuführen. Dabei möchte die Firma erreichen, dass das Produkt von den Behörden als weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten eingestuft wird. Diese These soll in klinischen Studien nachgewiesen werden.
Die Qualität von einigen Forschern und Instituten, die diese Studien durchführten, wird nun von einer ehemaligen Angestellten des Konzerns, die an der Planung der klinischen Tests mitarbeitete, angezweifelt. Reuters sprach außerdem mit einigen der Studienleitern, die Verträge über Studien mit der Firma abschlossen. Einer der Studienleiter sagte z.B. aus, er wisse nichts über Tabak. Seine Experimente wurden abgebrochen, nachdem bekannt wurde, dass die Studienteilnehmer keine Einverständniserklärung abgegeben hatten.
Sechs von elf Studienleitern wurden von Reuters interviewt. Bei einigen wurden Defizite bei Ausbildung und beruflicher Qualifikation sowie unzureichende Kenntnis der Studienergebnisse festgestellt. Ein früherer Mitarbeiter der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA, Lebensmittel- und Drogenaufsichtsbehörde) beurteilte das Ergebnis der Reutersrecherche so: „Im Ganzen betrachtet fehlen ihnen (Philip Morris) die Fachkenntnisse, um angemessene und gut kontrollierte Studien zu realisieren“.
Bei einer der klinischen Studien, die in Japan durchgeführt wurde, bezweifelte selbst der Studienleiter, dass alle Probanden die Wahrheit über ihren Tabakkonsum angegeben hätten. Den Abschlussbericht über die Studie habe er nicht gelesen, gab er zu. Wahrscheinlich habe er aber unterschrieben, dass er ihn erhalten habe. Auch ein weiterer Studienleiter erklärte gegenüber Reuters, er habe keinen Abschlussbericht erhalten. Nachdem Philip Morris seine Unterschrift unter dem Abschlussbericht präsentiert hatte, erklärte er, sein Gedächtnis sei bei dem Interview mit Reuters „verschwommen“ gewesen.
In Polen überschritten die während einer Studie gesammelten Urinproben das Maß dessen, was ein Mensch abgeben kann. Auf Nachfrage erklärte die Studienleiterin, bei den Probanden habe es sich um „große polnische Männer“ gehandelt.
Wie auch immer man die Unstimmigkeiten bewerten mag, auf eine Aussage konnten sich Reuters und die von der Agentur befragten Experten einigen: Auch wenn ein Tabakerhitzer weniger Schadstoffe produziert bedeutet dies nicht, dass er auch weniger Schaden im menschlichen Körper anrichtet.