1500 Kippen an 45 Bänken. Ein Aktivist hat auf dem Campus Virchow gezählt (Tagesspiegel)

am 31. August 2019
Nordring 1. vor Virchow.Klinikum.Seiteneingang Juni 2019

Nordring 1. vor Virchow.Klinikum. Seiteneingang, Juni 2019. Foto: Forum-rauchfrei

Kippenteppich. So nennt Johannes Spatz das, was er am Virchow vorfand.

„Guten Tag, Herr Spatz, wir hören gerade aus der Charité, dass Sie dort für etwas Aufregung gesorgt haben.“– „Andersrum! Die regen mich auf! Ich habe mal nachgezählt: 1500 Zigarettenkippen, obwohl Rauchen dort verboten ist!“– „Haben Sie die wirklich alle gezählt?“– „Mühsam, mühsam – ja, ich habe die gezählt. Aber aufgehoben habe ich sie nicht. Das habe ich nur früher in Kreuzberg auf den Spielplätzen gemacht.“

Der Anti-Tabak-Aktivist Johannes Spatz, inzwischen 76-jähriger Sprecher und Mitgründer des Forums Rauchfrei, hat mal wieder etwas Wirbel verursacht. Kürzlich spazierte er auf dem Campus des Virchow-Klinikums in Wedding herum und zählte Kippen. 45 Bänke stünden auf dem idyllischen Gelände, 30 Aschenbecher gebe es. Rund um jede Bank fänden sich massenhaft Zigarettenstummel, ein regelrechter Kippenteppich überziehe den Park, teilte Spatz nun mit, und eben den Befund: 1500 Kippenstummel habe er gezählt. Überall säßen auch Frauen mit Babys und Familien mit Kindern, die dem Rauch ausgesetzt seien. Er habe die Leute sogar angesprochen. „Aber die sagten nur, Rauchen sei erlaubt, schließlich gebe es überall Aschenbecher.“Die Aschenbecher seien eine Einladung zum Rauchen.

Aschenbecher plus Raucherzone. Foto: Forum-rauchfrei

Aschenbecher plus Raucherzone.
Foto: Forum-rauchfrei

Anruf bei der Charité am späten Mittag. „Ja, wir sind gerade dabei, alle Infos zusammenzutragen, wir melden uns.“Anruf bei der Charité drei Stunden später: „Nein, dazu können wir nichts sagen, vielleicht nächste Woche.“Auf die Frage, warum es auf dem Gelände überhaupt Aschenbecher gebe, obwohl das Rauchen verboten ist, und wie man damit umzugehen gedenke, dass gegen das Verbot verstoßen wird und alles voller Kippen liegt, hieß es ebenfalls: „Nein, wie gesagt, dazu können wir nichts sagen.“

„Der Tabakkonsum ist ein wichtiger Gesundheitsindikator einer Gesellschaft“, sagt Spatz, Arzt von Beruf, der mit einem weiteren Arzt das Forum Rauchfrei im Jahr 2000 gründete, und zwar ausgerechnet auf dem Virchow-Campus. Das Deutsche Herzzentrum war im Jahr 2000 laut Spatz die erste Klinik in Deutschland, die rauchfrei war. Gegen den aktuellen Zustand will er weiter mobilmachen. „Eine Schande, was da passiert“, klagt Spatz, und kündigt an: „Ich lasse da nicht locker.“

Das Forum Rauchfrei erreichte nach längerem Streit mit dem Senat Ende 2015, dass Tabakfirmen vor Berliner Bildungseinrichtungen nicht mehr für ihre Produkte werben dürfen. Zuvor hatte ein Werbewagen mit Produkten der Marke Gauloises vor der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Schöneberg gestanden. Der Justizverwaltung reichte der Hinweis, dass Rauchen gesundheitsgefährdend sei. Die Bildungsverwaltung verfügte schließlich eine Bannmeile.

Tagesspiegel

Original Artikel: Der Tagesspiegel: 2019-08-31 – 1500 Kippen … – PressReaderhttps://www.pressreader.com › germany › der-tagesspiegel › 20190831

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