Heute um 6 Uhr am frühen Morgen hat die Produktion von Zigaretten in der Neuköllner Fabrik von Philip Morris geendet! Daher stehen Mitglieder des Forum Rauchfrei vor dem Werkstor. Es sind nicht viele gekommen, weil sie zwischen Begeisterung und Abscheu schwanken.
Begeisterung, weil die todbringenden Zigaretten nicht mehr von dieser Fabrik geliefert werden. Dem Konzern sind schlicht weg die Kunden ausgegangen.
Abscheu, weil jährlich 60 Milliarden Kippen in Neukölln hergestellt wurden. Und nach einer zynischen Kalkulation bedeutet das, dass pro Jahr daran 60 Tausend Menschen vorzeitig gestorben sind. Das ist über Jahrzehnte eine unfassbare Zahl von Todesopfern, die auf das extreme Profitstreben eines Weltkonzerns zurückzuführen ist. Zahllose Politiker haben dabei mitgespielt, obwohl alle wussten, dass Rauchen zum Tode führt.
Das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen und Gesundheitsrisiken ist auch im Berliner Abgeordnetenhaus zu beobachten.
Seit September 2018 liegt der Senatsbeschluss zur Änderung des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes auf Eis. Es gibt viele Gründe, warum das Abgeordnetenhaus sich nicht entscheiden kann, über das Gesetz abzustimmen.
Als die Gesetzesänderung den Senat passierte, haben die Fachleute in der Gesundheitsverwaltung offenbar geschlafen. Denn sie haben nicht mitbekommen, dass die Shisha-Bars wegen des dort produzierten Kohlenmonoxids ein extremes Risiko für die Gesundheit darstellen und deshalb Regulierungen unbedingt erforderlich sind.
Im Februar dieses Jahres wurde dann von den Koalitionsparteien erklärt, man wolle das in Zukunft berücksichtigen und das Shisha-Gesetz aus Hamburg übernehmen. Aber bis heute liegt noch kein Entwurf für ein neues Nichtraucherschutzgesetz vor, das das Hamburger Modell integriert. Es ist schlicht extrem verantwortungslos, die gefährliche Situation in Shisha-Bars nicht umgehend gesetzlich zu regeln.
Der Gesetzesentwurf vom September letzten Jahres enthält auch noch einen weiteren Fehler. Es erlaubt per Gesetz – bundesweit einzigartig – das Rauchen in Raucherbereichen auf dem Krankenhausgelände.
Auf der Warteliste stehen die Regulierungen für E-Zigaretten und Tabakerhitzer sowie ein einheitliches Rauchverbot auf Kinderspielplätzen.
Das Forum Rauchfrei fordert, dem Nichtraucherschutz und der Tabakkontrolle oberste Priorität zu geben und endlich über den Tag hinaus einen Plan für ein rauchfreies Berlin vorzulegen.
Der Kampf gegen Tabakwerbung und Verkaufsförderung muss stärker und aggressiver von der Stadt Berlin geführt werden!
Johannes Spatz, Rainer Herrmann: Sprecher des Forum Rauchfrei