In vielen Kliniken werden immer noch Zigaretten verkauft. Mit einer Verbannung von Tabakwaren könnten sie ein Zeichen setzen.
Kommentar von Christina Berndt
Vor fast jedem Krankenhaus sieht man sie: Patienten, die im Bademantel nach draußen geschlurft sind, um erst mal eine zu rauchen. Manche Mutter sitzt da schon kurz nach der Entbindung, mancher Patient mit Kehlkopfkrebs raucht einfach durch das Loch in seinem Hals weiter. Sie sammeln sich vor den Türen der Klinik, denn Rauchen im Gebäude ist mittlerweile verboten. Ist ja logisch. Schließlich sollte das Krankenhaus ein Ort sein, an dem man gesund wird und nicht noch kränker. Umso irritierender ist es da, dass zahlreiche Krankenhäuser und selbst Universitätskliniken immer noch Zigaretten in ihren Kiosken verkaufen, wie das Forum Rauchfrei jüngst herausgearbeitet hat.
Statt Rauchern Zigaretten zu verkaufen, sollten Kliniken ihnen beim Ausstieg helfen
Keine Frage: Die Bedürftigkeit der Rauchenden ist groß, ihre Sucht oft elementar. Das gilt ganz besonders in der Ausnahmesituation Krankenhaus, wo Stress und Sorgen das Verlangen nach der beruhigenden Wirkung des Nikotins noch vergrößern. Und doch ist das kein Grund für den Verkauf von Tabakwaren. Denn die besondere Situation, behandlungsbedürftig krank zu sein, könnte für Rauchende auch zur Chance werden. Statt ihnen Tabak leicht zugänglich zu machen, sollten Krankenhäuser ihnen beim Aufhören helfen. In Kliniken des Netzes Rauchfreier Krankenhäuser kann man nirgends Zigaretten kaufen, dafür spricht geschultes Personal Patientinnen und Patienten aktiv an. Wer sich fürs Aufhören entscheidet, bekommt Hilfe.
Die Krankenhäuser setzen damit ein Signal: Gesundheit und Nikotin passen nicht zusammen. Wenn im Klinikkiosk dagegen Zigaretten neben Bonbons und Büchern liegen, werden sie zu einem Produkt des täglichen Bedarfs. Dabei sind Zigaretten ein absurdes Produkt, nämlich eines, dessen bestimmungsgemäßer Gebrauch zu Krankheit und Tod führt.
Ein konsequentes Verbannen dieses Krankmachers aus Heilstätten ist zwingend, und es ist wirksam. Wie sehr eine klare Haltung Umdenken befördert, ist international längst belegt. Auch in Deutschland hat sich das Image von Zigaretten, einst der Inbegriff von Freiheit und Coolness, von Grund auf gewandelt, seit es strenge Beschränkungen gibt. Die Zahl der Raucher sinkt seitdem. Die Zahl der Patienten, die wegen Raucherleiden behandelt werden müssen, wächst hingegen immer noch – eine Hypothek aus den Zeiten des starken Konsums. Zuletzt waren es 458 000 im Jahr, 18 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Krankenhäuser sollten das Leid dieser Patienten weder befördern noch davon profitieren.
Original Artikel: http://www.sz.de/1.5420738