Leserbrief in der taz

am 27. April 2024

Das Rauchverbot für die kommende Generation sorgt für Debatten.

In einem taz-Kommentator wirft der Autor mit irrationalen Behauptungen nur so um sich und darf die absurdesten „Argumente“ für sein „Recht auf unvernünftige Entscheidungen“ heranziehen (Taxifahrer in Beirut, weibliches Rauchen als Akt der Rebellion, einen slowenischen Philosophen, Ostmitteleuropäische Länder, „die sich solche Dummheiten nicht einreden lassen“). Aus dem Leserbrief wurden viele gute und wichtige Argumente herausgestrichen…

Irgendwann wird sich auch die taz von den Mythen, dass Tabak mit Rebellion und Unabhängigkeit, mit Freiheit, mit Sex („Der Rauch, der zwischen den Liebsten von Mund zu Mund wandert“) zu tun hat und dass es einen „gelegentlichen“ Glimmstängel geben kann (statt zu oft harte Sucht) verabschieden.

Damit es bald eine rauchfreie Generation gibt, muss Tabak demoralisiert werden. So würden unzählige Leben gerettet und sehr viel Leid verhindert. Dazu könnte auch die taz beitragen.

Es folgt ein link zu dem Kommentar der taz „Finger weg von meiner Kippe“ aus der taz vom 18.04.2024, der vollständige Leserbrief und ein link zu dem ausschnittsweise von der taz am 24.04.2024 veröffentlichten Leserbrief.

Hier zuerst der Kommentar aus der taz

Dann folgt hier der vollständige Leserbrief:

“Finger weg von meiner Kippe, verlangt der TAZ-Autor und pocht auf sein Recht auf unvernünftige Entscheidungen. So behauptet er jedenfalls. Ich habe in lang zurückliegenden jüngeren Jahren den Zauber von gerauchten Zigaretten erlebt. Ich erinnere mich an alle magischen Momente, das waren vielleicht fünf oder sechs Zigaretten, die eine verzauberte Situation noch übersinnlicher werden ließen. In allen übrigen Fällen während der langen Raucherjahre war bald klar, es war ein Fluch.

In Großbritannien kann jede, die heute legal Zigaretten kaufen kann, sie auch in Zukunft kaufen. Das Rauchen aufgeben, kann dagegen nur rein theoretisch jeder, praktisch kann dies leider nicht jeder. Unser FDP-Bundesjustizminister Buschmann ignoriert das extrem hohe Suchtpotential von Nikotin, wenn er verkündet: „Ich glaube, erwachsene Menschen können selber entscheiden, was sie konsumieren wollen und was sie nicht konsumieren wollen“.

Seine Britische Kollegin, die Gesundheitsministerin Victoria Atkins sagt, sie verstehe die Vorbehalte ihrer konservativen Parteifreunde: „Wir haben eigentlich nicht die Gewohnheit, Dinge zu verbieten“. Solche gesetzlichen Maßnahmen würden nur dann nötig, wenn es die Überzeugung gebiete „dass es in Abhängigkeit keine Freiheit geben kann“. „Nikotin beraubt die Menschen ihrer Willensfreiheit. Die große Mehrheit der Raucher fängt damit an, wenn sie jung sind und drei Viertel sagen, dass sie nicht damit angefangen hätten, wenn sie die Uhr zurückdrehen könnten“.

Wenn Rauchen magisch ist, ist Rauchen für die meisten Menschen ein Fluch. Vielleicht gehört der TAZ-Autor zu den wenigen Ausnahmen, die nicht nikotinsüchtig werden. Dann kann er sich freuen, er kann sich dann aber vielleicht einmal umsehen, wie es anderen Menschen mit den Kippen geht.

Denn es gibt zahlenmäßig wenige Rauchende, die keine starke Sucht entwickeln. Es gibt mehr Rauchende, die sehr schnell stark süchtig werden. Viele Rauchende schaffen es nicht, das Rauchen aufzugeben, wenn sie dies wollen. COPD ist eine Lungenkrankheit, die unaufhaltsam fortschreitet, selbst wenn die erkrankte Person es doch schließlich schafft, das Rauchen aufzugeben. Vielleicht sind Sie derjenige, der einen empörten Blick aufsetzt, wenn eine an COPD erkrankte Person, die wegen ihrer eingeschränkten Lungenkapazität auf ständige Sauerstoffversorgung angewiesen ist, den Sauerstoffschlauch für die Länge einer Zigarette aus der Nase entfernt, um zu rauchen? Auch COPD-Kranken wird mit dem Rauchverbot für die kommende Generation niemand ihre Zigaretten wegnehmen. Raucher und Raucherinnen leben nicht nur kürzer, sie leben auch viele Jahre lang schlechter, zu einem zunehmend großen Teil sehr schlecht. Jetzt rächt sich, dass viele Menschen viele Jahre lang sehr viele Zigaretten geraucht haben. Es stimmt eben leider nicht, dass erwachsene Menschen selber entscheiden können, was sie konsumieren wollen und was sie nicht konsumieren wollen.

Denn fast alle Raucher und Raucherinnen beginnen mit dem Rauchen im Kindes- oder Jugendalter. In einem Alter, in dem sie gemäß den Regelungen zur Volljährigkeit noch keine weitreichenden selbständigen Entscheidungen treffen dürfen, weil sie es altersbedingt nicht können. Wenn Teheraner Studentinnen das Rauchen einer Zigarette als Rebellion erleben, weil sie sich damit gegen das Regime stellen können, wird das Rauchen nicht aufgewertet. Es ist ja gerade das Ergebnis der gezielten Werbestrategien der Tabakgiganten, dass Menschen Zigarettenrauchen mit Selbstbewusstsein, Freiheit und Unabhängigkeit verbinden. Kinder und Jugendliche, die rauchen, schaffen sich Augenblicke von Unabhängigkeit gegenüber den Eltern als Autoritäten und unter diesem Blickwinkel erscheint eine „Erlaubnis“ zum Rauchen mit dem 18. Geburtstag als ein für sie erstrebenswertes Ziel. Diese dann mit der Volljährigkeit zu erlangende offizielle Raucherlaubnis kann so zu einer Steigerung der Attraktivität von Tabak führen. Kinder und Jugendliche können das Rauchen gerade deshalb attraktiver finden, weil sie es nicht heute, sondern erst später dürfen. Das Britische Rauchverbot lässt den Erwachsenen ihre Kippen. Kinder und Jugendliche können das Verbot als Konsequenz erleben: Weil Zigaretten wirklich so gefährlich sind, dürfen sie nicht verkauft werden, nicht im Supermarkt, nicht im Automaten, an junge Menschen überhaupt nicht. Und so lautet das Motto des diesjährigen Weltnichtrauchertages der Weltgesundheitsorganisation am 31. Mai: Schutz der Kinder vor dem Einfluss der Tabakindustrie. 

Die älteren Abhängigen, auf denen der Fluch der Sucht liegt, dürfen weiter Zigaretten kaufen und rauchen. Ihnen nimmt niemand ihre Kippen weg.“

Und hier der link zu dem in der taz vom 24.04.2024 unter der Überschrift Zauber und Fluch veröffentlichten Teil des Leserbriefs:

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