Prozesslawine wegen unklarer gesetzlicher Regelung des betrieblichen Nichtraucherschutzes zu erwarten

am 22. Juni 2002

Bundesrat hat am 21. Juni für den betrieblichen Nichtraucherschutz abgestimmt.

Das Forum Rauchfrei in Berlin begrüßt, dass endlich der Nichtraucherschutz in den Betrieben gesetzlich geregelt wird. Ihr Sprecher, Johannes Spatz, sieht jedoch eine Prozesslawine auf die Gerichte zukommen, da die neue Verordnung, die in vierzehn Tagen in Kraft tritt, sehr allgemein gefasst ist und den Bereich der Restaurants vollkommen ungeklärt läßt. Denn der Arbeitgeber hat nur insoweit Schutzmaßnahmen gegen den Qualm zu treffen, als „die Natur des Betriebes“ es zulässt. Wenn beispielsweise der Betreiber einer kleinen Bar befürchtet, ohne rauchende Gäste wesentlichen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden, kann er offenbar bei dem gegenwärtigen Stand der Diskussion davon ausgehen, dass er das Rauchen dulden darf. Doch sicherlich hat jede gastronomische Einrichtung in Zukunft zumindest einen rauchfreien Bereich einzurichten.

Zu Prozessen wird es auch kommen, weil der Arbeitgeber zwar „wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch“ zu schützen hat, aber die dafür erforderlichen Maßnahmen nicht benannt werden. Das für die Überprüfung der Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit und die bezirklichen Gewerbeaufsichtsämtern können Klarheit schaffen und Maßstäbe setzen. Bei ihren regelmäßigen Kontrollen in den Betrieben können sie wesentlichen Einfluss auf die Umsetzung des betrieblichen Nichtraucherschutz nehmen. Das Forum bietet seine Mitarbeit bei der Entwicklung dieser Maßstäbe an.

Auch sieht das Forum die Gefahr, dass Betriebe versuchen werden, die neue Arbeitsstättenverordnung zu unterlaufen. So verhindert zum Beispiel eine verstärkte Lüftung nicht das Passivrauchen. Gerade diese Erkenntnis war ein wichtiger Grund, die Arbeitsstättenverordnung zu ändern.

Alarmierend ist die in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie der Weltgesundheitsorganisation. Danach ist die Wahrscheinlichkeit in Folge ständigen Passivrauchens an Lungenkrebs zu sterben, um 20 Prozent erhöht und damit deutlich höher als bisher vermutet. Deshalb muss die Arbeitsstättenverordnung restriktiv ausgelegt werden.

Daher stellt das Forum folgende Forderungen:

  1. In Arbeitsräumen, in denen Nichtraucher/innen arbeiten, darf nicht geraucht werden.
  2. Generell rauchfreie Räumlichkeiten, wo Schutz-, Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit gefragt sind. Dies trifft insbesondere für Krankenhäuser, Kitas, Schulen und Rathäuser zu.
  3. Betriebe weisen bereits im Eingangsbereich deutlich sichtbar auf ein Rauchverbot hin.
  4. Betriebliche Arbeitsgruppen für den Nichtraucherschutz werden eingerichtet.
  5. In allen Restaurants werden rauchfreie Bereiche geschaffen.
  6. Keine Zigarettenautomaten in öffentlichen Gebäuden (auch nicht in verpachteten Kantinen). Kurzfristige Umsetzung in Krankenhäusern und Rathäusern und mittelfristige Umsetzung in allen Betrieben.
  7. Zur Erarbeitung von konkreten Nichtraucherschutzempfehlungen bietet das Forum der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz seine Mitarbeit in einem gemeinsamen Arbeitskreis an.

Das Forum Rauchfrei in Berlin ist eine Dachorganisation des Nichtraucherschutzes, in der sich Vertreter/innen von Initiativen, Verbänden, Betrieben, Bezirksämtern, Schulen, Krankenhäusern, Senatsverwaltungen (Schule, Jugend, Gesundheit) und Krankenkassen engagieren.

 

Am 21. Juni hat der Bundesrat folgenden Text der Arbeitsstättenverordnung verabschiedet:

  • § 3 a:

(1)           „Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in den Arbeitsstätten

wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.

(2)           In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nur insoweit zu treffen, als die Natur des

Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.“

Presseerklärung

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