Nichtraucherschutz in Berliner Rathäusern

am 24. November 2002

Das Verbot des Alkoholkonsums am Arbeitsplatz ist ernst zu nehmen und kann bis zur Entlassung führen. Auch werden Menschen mit Alkoholproblemen Angebote der Betreuung und Hilfe gemacht. Die Situation des Rauchens am Arbeitsplatz unterscheidet sich dazu fundamental. Nichtraucherschutz in der Verwaltung ist bunt gescheckt, dem Zufall überlassen und unverbindlich. So lassen sich die Ergebnisse einer Umfrage des Forums Rauchfrei in Berlin in den Rathäusern der Berliner Bezirke auf den Punkt bringen. Es ist zu hoffen, dass die neue gesetzliche Regelung in der Arbeitsstättenverordnung auch neuen Wind in die Amtsstuben bringt und der Nichtraucherschutz nicht mehr individuellem Engagement überlassen bleibt.

Anfang diesen Jahres hat das Forum Rauchfrei an alle Bezirksbürgermeister einen Fragebogen geschickt und der Regelungen zum Nichtraucherschutz abgefragt. Von zwölf Bezirken haben sieben geantwortet. Davon haben vier Bezirke Hausordnung oder Dienstvereinbarung beigelegt. Dieser Rücklauf ermöglicht einen guten Überblick über den Stand der Regelungen. Wie diese Regelungen mit Leben erfüllt werden, kann den Antworten nicht vollständig entnommen werden und bleibt weiteren Recherchen überlassen.

Hausordnungen und Dienstvereinbarungen

Gemeinsamer Arbeitsplatz

Die Kernfrage des Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz wendet sich an das Rauchverhalten in Räumen, in denen regelmäßig Raucher/innen und Nichtraucher/innen gemeinsam arbeiten. Wird es der Verständigung untereinander überlassen und damit auch der Dynamik der kollegialen Beziehung oder gibt es die klare Vorschrift, dass ein Raucher/in in Anwesenheit des Nichtrauchers nicht rauchen darf?

In Marzahn-Hellersdorf und Mitte ist das Miteinander von Raucher/innen und Nichtraucher/innen nicht in schriftlichen Regelungen geklärt. Von vier anderen Bezirken haben wir zu dieser Fragestellung folgende Auskünfte erhalten:

„In Büroräumen mit mehreren Arbeitsplätzen und in Pausenräumen soll nur mit ausdrücklicher Zustimmung von Nichtrauchern/innen geraucht werden. In Arbeitsbereichen, in denen aufgrund der räumlichen Zuordnung keine Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherzimmern möglich sind, sind Raucher/innen zur Rücksichtnahme verpflichtet. Unter Rücksichtnahme ist z.B. das Lüften der Arbeitsräume zu verstehen.“

(Tempelhof-Schöneberg, Jan. 2001)

Die ausdrückliche Zustimmung des Nichtrauchers/in wird auch in Steglitz-Zehlendorf gefordert und mit dem Appell an kollegiale Rücksichtnahme erweitert.

„In Diensträumen, in denen mehrere Dienstkräfte tätig sind, darf nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Nichtraucher geraucht werden. Auch bei Zustimmung der Nichtraucher sollte das Rauchen aus kollegialer Rücksichtnahme möglichst vermieden bzw. stark eingeschränkt werden.“

Steglitz-Zehlendorf, Juni 2000

Im Bezirksamt Pankow gilt eine nahezu identische Regelung, dort wird der Nichtraucher/in Vorrang eingeräumt, was besonders im Falle eines Konfliktes gilt:.

„Rauchen in Dienstzimmern und Pausenräumen kann nur dort geduldet werden, wo sich Raucher und Nichtraucher einigen. Im Konfliktfall haben die Interessen des Nichtrauchers Vorrang.“

(Pankow, November 2001)

Davon hebt sich eindeutig die Formulierung im Bezirksamt Neukölln ab:

„In den Diensträumen und Dienstfahrzeugen des Bezirksamtes Neukölln ist das Rauchen in Anwesenheit von Nichtrauchern nicht gestattet.“

(Neukölln, November 2001)

Wenn es der individuellen Zustimmung, Einigung oder Rücksichtnahme überlassen bleibt, den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz zu regeln, sind Konflikte bzw. Vorwürfe der Intoleranz und individuelles Kräftemessen vorprogrammiert. Hier müssen die Bezirke handeln. Nur die Regelung des Bezirksamtes Neukölln entspricht den Vorgaben der neu gefassten Arbeitsstättenverordnung.

Weitere Regelungen

Die weiteren Bestimmungen beinhalten eine große Vielfalt. Während das eine Bezirksamt auf die Einrichtung von Raucherzonen eingeht, erwähnt das andere Bezirksamt Hausmeisterloge, Schule oder Toilette. Auch variiert der Regelungsgrad stark. Zum Beispiel ist das Rauchen in Sitzungen in dem einen Bezirk verboten und in dem anderen Bezirk bei Zustimmung aller Sitzungsteilnehmer/innen erlaubt.

Die Auswahl der einzelnen Regelungen erscheint häufig willkürlich. Kein Bezirksamt hat das Rauchen in wichtigen Bereichen wie Treppenhäusern oder Eingangshallen geregelt. Die Vorgaben der neuen Arbeitsstättenverordnung sind, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, noch nicht berücksichtigt.

Fragebogen

Besonderen Nachholbedarf gibt es in dem Bezirk Mitte, wo es noch keine schriftlich verfasste Regelung gibt.

Ein alarmierendes Ergebnis des Fragebogens ist, dass mit Ausnahme von Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow in den übrigen Bezirksämtern, die den Fragebogen beantwortet haben, Zigarettenautomaten aufgestellt sind. Positiv ist zu bewerten, dass mit Ausnahme von Marzahn-Hellersdorf auf bezirkseigenen Grundstücken nicht für Tabak geworben wird.

In vier der sieben Bezirke werden Informations- und Beratungsangebote für entwöhnungswillige Mitarbeiter/innen angeboten. Weitere Aktivitäten wurden jedoch nur in zwei Bezirken geplant.

Die Unterschiede, die erkennbar sind, sind offenbar nicht von objektiven lokalen Gegebenheiten abhängig sondern von individuellem Engagement einzelner Personen. Scheinbar ist die Zuständigkeit für den Nichtraucherschutz in einzelnen Bezirken nicht geklärt. Schließlich ist es bedauerlich, dass nur in zwei Bezirken weitere Aktionen geplant werden.

Konsequenzen

Die neue Arbeitsstättenverordnung macht es notwendig, einen neuen Anlauf für den Nichtraucherschutz in den Rathäusern zu starten. Dabei darf der Nichtraucherschutz nicht mehr von individuellen Abmachungen oder Zugeständnissen abhängig gemacht werden. Es bedarf klarer und eindeutiger Regelungen.

Es sollte eine Person benannt werden, die im Bezirksamt für den Nichtraucherschutz verantwortlich ist. Sinnvoll ist es, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die im Sinne des Gesundheitsmanagements Motor für den betrieblichen Nichtraucherschutz ist. Sie sollte Regeln aufstellen und Angebote für Information und Raucherentwöhnung entwickeln.

Der Nichtraucherschutz hat sich viel stärker als bisher auch auf die Bürger und Bürgerinnen zu beziehen, die die Dienste des Rathauses in Anspruch nehmen. Rathäuser, die in der Eingangshalle in Sitzecken mit Aschenbechern zum Rauchen einladen und mit Zigarettenautomaten das Rauchverhalten fördern, sollten der Vergangenheit angehören. Rathäuser sollten auch für die Gesundheit eine Vorbildfunktion wahrnehmen.

Dienstvereinbarungen

Besprechungen:

„In Sitzungen und Besprechungen ist das Rauchen verboten.“ (Tempelhof-Schöneberg und fast wortgleich in Pankow)

„In Sitzungen und Besprechungen ist das Rauchen grundsätzlich nicht gestattet. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung aller Sitzungsteilnehmer/innen. Auf mehrheitlichen Wunsch sollten „Raucherpausen“ eingelegt werden.“ (Steglitz-Zehlendorf)

Dienstfahrzeuge:

„In Dienstfahrzeugen darf grundsätzlich nicht geraucht werden.“ (Steglitz-Zehlendorf)

„In Dienstfahrzeugen darf nur mit ausdrücklicher Zustimmung des/der Fahrers/in und aller Mitfahrenden geraucht werden.“ (Tempelhof-Schöneberg und Pankow)

„Bei Rundfahrten und Reisen in Reisebussen darf nicht geraucht werden.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Datenverarbeitungsanlagen:

„In Räumen mit Datenverarbeitungsanlagen ist das Rauchen untersagt.“ (Pankow)

Aufzüge:

„In Aufzügen und allen Wartezonen darf nicht geraucht werden. Die Besucher sind durch Schilder und in freundlicher Weise auch mündlich darauf aufmerksam zu machen.“ (Steglitz-Zehlendorf)

„In Aufzügen darf nicht geraucht werden.“ (Pankow)

„In Aufzügen und Wartezonen darf nicht geraucht werden. Die Wartezonen sind mit einem entsprechenden Hinweisschild kenntlich zu machen. Vorhandene Aschenbecher sind zu entfernen.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Hausmeister:

„In Sekretariaten und Hausmeisterlogen mit mehreren Arbeitsplätzen darf nur mit ausdrücklicher Zustimmung von Nichtrauchern/innen geraucht werden.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Kindertagesstätten und Schulen:

„Aufgrund der besonderen Bedingungen in Schulen und Kitas besteht absolutes Rauchverbot bei der Betreuung von Kindern. In Gegenwart von Kindern darf innerhalb und außerhalb der Einrichtung nicht geraucht werden.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Sprechzeiten:

„Während der Sprechzeiten ist in Anwesenheit von Publikum das Rauchen nicht gestattet.“ (Neukölln)

„In Dienstzimmern mit regelmäßigem Besucherverkehr sollten während der Sprechzeiten weder Besucher noch Mitarbeiter rauchen.“ (Pankow)

Kantine:

„In den Kantinen gilt außerhalb von gekennzeichneten Raucherzonen absolutes Rauchverbot.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Toiletten:

„In den Toiletten besteht absolutes Rauchverbot.“ (Tempelhof-Schöneberg)

Raucherzonen:

Einrichtung von Raucherzonen. (Neukölln)

Eckpunkte des Nichtraucherschutzes in Rathäusern

  1. In Arbeitsräumen, in denen Nichtraucher/innen arbeiten, darf nicht geraucht werden.
  2. In Sitzungsräumen wird grundsätzlich nicht geraucht.
  3. Flure, Eingangshallen, Toiletten u.a. sind vollkommen rauchfrei.
  4. Generell rauchfreie Räumlichkeiten, wo Schutz-, Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit gefragt sind.
  5. Bereits im Eingangsbereich wird deutlich sichtbar auf ein Rauchverbot hingewiesen.
  6. Keine Zigarettenautomaten in öffentlichen Gebäuden (auch nicht in verpachteten Kantinen).
  7. Keine Tabakwerbung auf bezirkseigenen Grundstücken und im Umkreis von Verwaltungsgebäuden.
  8. Betriebliche Arbeitsgruppen für den Nichtraucherschutz werden eingerichtet und eine für den betrieblichen Nichtraucherschutz verantwortliche Person ernannt.

Ergebnisse der Rathausbefragung

 

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