Akteneinsichten

Aus den Akten der Ministerien: Politik und Tabakindustrie

Die Nähe politischer Entscheidungsträger zur Industrie ist mit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Autos und Kartellabsprachen in der Industrie in jüngster Zeit in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Wir möchten an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um das Verhältnis von Politik und Tabakindustrie näher zu beleuchten. Hierzu präsentieren wir in loser Folge Auszüge aus Akten der Bundesministerien, in die das Forum rauchfrei Einsicht genommen hat.

Die Einladung zum Abendessen

Wir beginnen mit der Einladung eines Staatsekretärs im Gesundheitsministerium durch einen hohen Manager der Firma British American Tobacco zu einem Abendessen (nebst Gattin selbstverständlich). Auffallend an der Email ist vor allem der von Höflichkeit triefende Ton, in dem die Einladung ausgesprochen wird. Während des Abendessens sollte dann über die Rolle des Gesundheitsministeriums bei Verhandlungen zum Tabakrahmenübereinkommen gesprochen werden.

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Wie die Regierung die Chance verschlafen hat, ein Tabakwerbeverbot einzuführen

In unserer Reihe mit Berichten über Verbindungen von Politik und Tabakindustrie geht es heute um ein Gespräch, das am 21.12.2010 im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz stattgefunden hat. Zu Gast waren Vertreter des Deutschen Zigarettenverbandes, des Verbandes der Deutschen Rauchtabakindustrie, des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelsicherheit und der Firma Philip Morris.

Hochinteressant ist ein Vermerk über das Gespräch, in dem die Haltung der anwesenden Firmen und Verbände zu Tabakwerbung in Deutschland wiedergegeben wird. Hier heißt es:

„Es wurde auch über die Aussen- und Kinowerbung gesprochen. Von Seiten der Wirtschaft wurde offen zugestanden, dass in diesem Bereich in D noch inkonsequente Regelungen gelten (Erlaubnis der Plakat- und Kinowerbung), man sei hier durchaus zum Verzicht auf diese Werbemaßnahmen bereit.“

Dazu muss man wissen, dass Deutschland sich mit der Verabschiedung des Gesetzes zu dem Tabakrahmenübereinkommen verpflichtet hatte, bis spätestens Februar 2010 ein umfassendes Verbot aller Formen von Tabakwerbung einzuführen. Angesichts der in dem Gespräch geäußerten Haltung der Industrie wäre das eigentlich ein leichtes gewesen, aber offenbar wollte die Regierung von dem Entgegenkommen der Industrie keinen Gebrauch machen. Schön aber immerhin, dass man so erfährt, dass die Tabakindustrie die Regierung in puncto Werbeverbote für inkonsequent hält.

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BfR  Bundesinstitut für Risikobewertung
 BLL  Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.
 BMELV  Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
 DKFZ  Deutsches Krebsforschungszentrum
 KOMM Europäische Kommission
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