Bundespräsident gegen Tabakindustrie

am 14. März 2023

Bundespräsident Steinmeier beendet die Zusammenarbeit mit Philip Morris beim Deutschen Zukunftspreis – bedauerlicherweise nicht sofort, dafür aber zum Jahresende. Das Foto zeigt den Marlboro Mann, der immer noch über der ehemaligen Zigarettenfabrik von Philip Morris in Berlin steht.

Die Presseerklärung des Forum Rauchfrei vom 13.03.2023:

Bundespräsident beendet Zusammenarbeit mit Philip Morris beim Deutschen Zukunftspreis

Die Philip Morris Stiftung des Tabakkonzern Philip Morris soll aus dem Stifterverband des Zukunfts­preises zum Ende des Jahres 2023 ausscheiden. Die zunächst bis 2029 vereinbarte Zusammen­arbeit wird vorzeitig beendet. Der Deutsche Zukunftspreis wird seit vielen Jahren einmal im Jahr publikumswirksam an wissenschaftliche Exzellenz vergeben.

Der Sprecher des Forum Rauchfrei Dr. Joachim Kamp hat die Preisverleihung live im Zweiten Deutschen Fernsehen gesehen. „Als ich den Bundespräsidenten sah, wie er gemeinsam mit der Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim den Zukunftspreis an die Kandidaten übergab, wäh­rend gleichzeitig immer wieder das Markenzeichen von Philip Morris im Bild zu sehen war, war ich geschockt. Ich bin Hausarzt und Palliativarzt und muss viele meiner Patienten, die den Tabakkon­zernen zum Opfer fallen, bis zu ihrem traurigen Ende begleiten.“

Kamp bat Ärztekollegen um Unterstützung, so dass sich auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V., deren Mitglieder ebenfalls tagtäglich mit den Folgen des Tabakkonsums zu tun haben, an den Bundespräsidenten wandte, ebenso der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e. V., was schließlich zu dem Erfolg führte.

Das Forum Rauchfrei ist über die Beendigung der Zusammenarbeit mit Philip Morris hoch erfreut, denn bei deren Engagement beim Deutschen Zukunftspreis handelt es sich um eine spezielle Form des Tabak-Marketings. Der Tabakkonzern will sich als sozial verantwortlich, als Wohltäter der Ge­sellschaft darstellen und so sein angeschlagenes Image aufpolieren. Deshalb verlangt die Weltge­sundheitsorganisation ausdrücklich eine strenge Trennung und die Ablehnung aller Partnerschaften mit der Tabakindustrie (Tabakrahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation FCTC Arti­kel 5.1). „Ich habe mich lange dafür eingesetzt, dass die Empfehlungen der Weltgesundheitsorgani­sation eingehalten werden. Wir müssen alle staatlichen Stellen bis hinauf zum Bundespräsidenten für die Einflussnahme der Tabakindustrie sensibilisieren. Jetzt sind wir wieder einen kleinen Schritt auf dem ziemlich mühsamen Weg zu einer rauchfreien Gesellschaft vorangekommen“, freut sich Johannes Spatz, Sprecher des Forum Rauchfrei. 

Demgegenüber meint das Bundespräsidialamt, zwischen dem Tabakkonzern Philip Morris Internati­onal und der Philip Morris Stiftung unterscheiden zu können. Was bedeuten würde, der Bundes­präsident mache nicht gemeinsame Sache mit dem Tabakkonzern, sondern mit einer eigenständi­gen sozusagen unabhängigen Stiftung. Hiergegen protestiert Kamp: „Auch wenn die Philip Morris Stiftung nicht mit dem Tabakkonzern rechtlich identisch ist, kommt es darauf an, wie sie im Zusam­menhang mit dem Zukunftspreis und der Vergabe durch den Bundespräsidenten wahrgenommen wird. Die Stiftung verwendet nicht nur den gleichen Namen wie der Zigarettenkonzern, sie tritt auch mit dem gleichen Markenzeichen auf. Eine normale Person, die nicht über besondere Kenntnisse verfügt, wird den Tabakkonzern und die Stiftung selbstverständlich miteinander identifizieren. Und dies ist schließlich auch beabsichtigt.“ So wird die große Freude ein wenig getrübt, weil sich der Bundespräsident mit seiner im Ganzen ausgesprochen erfreulichen Entscheidung trotz allem – wenigstens mit einem Bein – auf die Seite des Tabakkonzerns Philip Morris stellt. „Steinmeier müsste die Zusammenarbeit sofort, nicht erst zum Jahresende beenden“ fordert Spatz. Die Tabakindustrie ist mit ihrer Strategie erfolgreich, ihr Einfluss auf die Politik ist immer noch riesengroß, aber es geht Schritt für Schritt voran.

KarinBundespräsident gegen Tabakindustrie