Überarbeitung des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes dringend notwendig

am 21. Juni 2018

Der Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e. V. und das Forum Rauchfrei halten die Überarbeitung des Nichtraucherschutzgesetzes, die in der Koalitionsvereinbarung von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke vereinbart wurde, für dringend erforderlich. Gesundheitsstaatssekretär Boris Velter hat dem Nichtraucherbund und dem Forum Rauchfrei versichert, dass der Gesetzesentwurf noch vor der Sommerpause dem Abgeordnetenhaus vorgelegt wird.

Nach Auffassung der beiden Nichtraucherorganisationen sollten grundsätzlich sämtliche Ausnahmeregelungen für das Rauchen gestrichen und die Nichtraucherschutzgesetze von Bayern und NRW sollten als Vorbilder genommen werden.

Das bisherige Gesetz hat sich nicht bewährt. Es ist in großen Teilen überholt und muss neue Erkenntnisse einbeziehen. So vertreten der Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V. und das Forum Rauchfrei die Auffassung, dass auf Kinderspielplätzen nicht mehr geraucht werden darf, ebenso in Autos in Anwesenheit von Kindern oder in Einrichtungen der Kindertagespflege. Die ernsthafte Gefährdung von Shisha-Rauchern durch Kohlenmonoxid war in dem Ausmaß nicht bekannt, als das Gesetz 2008 erlassen wurde. Auch die Gefahr, die von E-Zigaretten ausgeht, wurde noch nicht ernst genommen und Tabakerhitzer in der heutigen Form wurden noch gar nicht auf dem Markt angeboten. Es ist also höchste Zeit, das Berliner Nichtraucherschutzgesetz den neuen Erkenntnissen anzupassen.

Bereits im Dezember 2017 haben sich Vertreter von Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V. und Forum Rauchfrei mit der Gesundheitssenatorin Dilek Kolat getroffen, um über den Zeitplan der Überarbeitung zu sprechen. Dabei überreichten beide Organisation ihre Forderungen zur Erneuerung des Nichtraucherschutzgesetzes.

Forderungen zur Überarbeitung des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes

Gastronomie: Die Duldung von Ausnahmen vom Rauchverbot in der Gastronomie hat sich nicht bewährt. Besucher gastronomischer Einrichtungen, besonders aber Beschäftigte in der Gastronomie, haben ein Recht auf Schutz ihrer Gesundheit. Die 2012 von Forum Rauchfrei, Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V. und Pro Rauchfrei e.V. in Auftrag gegebenen Studie der Technischen Universität Berlin ergab, dass in 92 von 100 der untersuchten Clubs und Diskotheken geraucht wurde. Die Lage in Bars, Clubs und Diskotheken ist katastrophal.

Kinderspielplätze: Anders als bei Erwachsenen reagiert der kindliche Organismus viel empfindlicher auf die Einwirkung von Tabakrauch und die darin enthaltenen Schadstoffe. Von herumliegenden Zigarettenkippen geht eine erhebliche Gefahr für die Kinder aus. Wie die Erfahrung zeigt, reicht ein Appell an die Bezirke, ein Rauchverbot auf bezirklicher Ebene zu erlassen, nicht aus. Kinderspielplätze müssen daher per Gesetz rauchfreie Zonen werden, wie dies z.B. in Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und im Saarland der Fall ist.

Schulen und Jugendeinrichtungen: Das Rauchverbot sollte auch für schulische Veranstaltungen und Veranstaltungen von Jugendeinrichtungen gelten, wenn diese Veranstaltungen außerhalb der jeweiligen Einrichtungen stattfinden.

Betreuung von Kleinkindern bei Tagesmüttern: Einrichtungen der Kindertagespflege sollten grundsätzlich rauchfrei sein. Daher sollte in Wohnungen, die für die Kindertagespflege genutzt werden, ein ausnahmsloses Rauchverbot gelten.

Krankenhausgelände: Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen dienen der Gesundheit der Menschen. Sie haben Vorbildcharakter. Das Rauchen verzögert deutlich den Heilungsprozess. Das Rauchen hat verheerende gesundheitliche Folgen und ist die Hauptursache für das vorzeitige Sterben von zahlreichen Menschen. Es sollte daher weder innerhalb der Gebäude noch auf dem Gelände von Gesundheitseinrichtungen erlaubt sein. Das Rauchverbot sollte auch in Gebäuden und auf Geländen von Bildungseinrichtungen im Gesundheitswesen gelten.

Rauchen im Auto: Wegen der räumlichen Enge ist die Schadstoffbelastung in einem Auto, in dem geraucht wird, selbst bei geöffnetem Fenster enorm hoch. Daher halten wir ein Rauchverbot für Autos, in denen Personen unter 18 Jahren mitfahren, wegen der erheblichen Gesundheitsgefahren für dringend geboten. Viele Staaten haben das Rauchen im Auto im Beisein von Kindern bereits verboten. Auch der Deutsche Ärztetag hat 2016 die Bundesregierung aufgefordert, ein Rauchverbot in Autos zu erwirken, wenn Minderjährige mitfahren. Der Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist ein so hohes Gut, dass ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Autofahrern gerechtfertigt ist.

Rauchverbote in nicht umschlossenen Räumen (Außengastronomie, Haltestellen, Sportstätten etc.): Auch in nicht vollständig umschlossenen Räumen ist die Gesundheit durch Passivrauchen gefährdet. Zum Beispiel belastet Tabakrauch in einem Wartehäuschen des ÖPNV die Luft mit Schadstoffen, so dass eine Gesundheitsgefährdung von Nichtrauchern – insbesondere von Kleinkindern – besteht. Dies gilt auch z.B. für nicht überdachte Sportstätten und Gastronomiebetriebe.

Rauchen in öffentlich zugänglichen Bereichen von Hotels, Einkaufszentren, usw.: Ein solches Rauchverbot fehlt im Berliner Gesetz vollends, obwohl es sehr sinnvoll wäre und für Rechtssicherheit sorgen würde.

Passivrauchbelastung durch Rauchen in der Nachbarschaft: Das Recht von Mietern und Wohnungseigentümern auf eine rauchfreie Wohnung sollte gestärkt werden. Ein Rauchverbot in allen gemeinschaftlich zugänglichen Bereichen von Wohnhäusern sollte selbstverständlich im Nichtraucherschutzgesetz verankert werden. Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, die es Mietern und Wohnungseigentümern erleichtern, sich vor Nachbarschaftsrauch zu schützen.

Zahlreiche Gerichtsurteile haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass Rauchern in Privatwohnungen Einschränkungen auferlegt wurden. Das Rauchen auf Balkons, in Treppenhäusern  oder in Wohnungen kann bei Nachbarn zu Belastungen durch Passivrauch führen, im Besonderen wenn Rauch durch Wände oder Zimmerdecken in die Wohnung eindringt.

Shisha-Lokale: Die im Berliner Nichtraucherschutzgesetz nachträglich – und ohne Not – eingefügte Ausnahme für Shisha-Lokale hat sich nicht bewährt. Verstöße gegen die mit der Ausnahme verbundenen Auflagen sind an der Tagesordnung. Auch die seinerzeitige Begründung für die Ausnahmeregelung (Shisha-Lokale gehören zur orientalischen Kultur) ist nicht haltbar. So sind Shisha-Lokale beispielsweise in Syrien, Ägypten und in der Türkei nicht zugelassen. Auch wegen der jüngst bekannt gewordene Probleme durch Kohlenmonoxid, die ein lebensbedrohendes Risiko darstellen können, sollte der Shisha-Konsum in Innenräumen nicht gestattet werden.

E-Zigaretten, und Tabakerhitzer: Die seit geraumer Zeit auf dem Markt existierenden elektronischen Zigaretten und Tabakerhitzer werden vom Nichtraucherschutzgesetz nicht erfasst. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, zumal die EU-Richtlinie 2014/40/EU und das am 20.05.2016 in Kraft getretene deutsche Tabakerzeugnisgesetz E-Zigaretten in Bezug auf das Gesundheitsrisiko den klassischen Tabakprodukten gleichstellen.

Forderungen zur Überarbeitung des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes (als PDF-Dokument)

 

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